Stadtgrabenstraße 6 im September 2011 -Jugendstilvilla Albrecht-

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Die Rottweiler Bilder danken Herrn Dieter E. Albrecht für den nachfolgenden sehr informativen und interessanten Text und die aussagekräftigen Fotos.

Die Jugendstilvilla Albrecht war am Tag des offenen Denkmals sehr gut besucht

Anekdoten und Geschichten aus 100 Jahren begeisterten die Besucher

Rottweil, den 11. September 2011

Anlässlich des 100sten "Geburtstages" der "Jugendstilvilla Albrecht" in der Stadtgrabenstrasse, liess es sich das Ehepaar Gabriele und Dieter E. Albrecht nicht nehmen, sich bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz als Teilnehmer am Tag der offenen Denkmals frühzeitig anzumelden. Von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr standen die drei Türen des Hauses allen Interessierten offen. Aus dem ganzen Stadt- und Landkreis, selbst von Herrenberg, kamen Besucher um die Villa zu besichtigen.

Das Haus konnte frei, einschliesslich aller Räumlichkeiten vom Keller bis zum Dachboden begangen werden. "Leben in einem Denkmal", war des persönliche Motto der Albrechts, welche auch Einblicke in alle privaten Räume gewährten. Selbst der Mieter im 2. OG öffnete für diesen Zweck seine Wohnung für alle Besucher und lud dazu noch einige Freunde ein. Dieter E. Albrecht bereicherte die Führungen in, um´s und über´s Haus und seine bisherigen Bewohner mit zahlreichen Anekdoten, Denkmaldetails und Geschichten.

Die Familie Albrecht lebt nun mit ihren drei Kindern in der 6. Generation in diesem Haus. Gebaut wurde das Haus vom ehemaligen Stadtbaumeister Wilhelm Albrecht und seinem Schwiegervater Edwin Glückher. Letzterer, welcher von 1887 bis 1923 der letzte von Kaiser ernannte Stadtschultheiss von Rottweil war und in diesem Haus später wohnte sowie der Jugendstil des Gebäudes, welcher Ende des 19. Jahrhunderts begann, waren die Brücke zum deutschlandweit offiziellen Motto des Denkmalstages "Romantik, Realismus, Revolution - Das 19. Jahrhundert".

Ende des 2. Weltkrieges wurde das Haus bis 1953 von der Französischen Besatzungsmacht besetzt und die Albrechts mussten in dieser Zeit in wenigen oberen Zimmern und auf dem Dachboden, in den noch vollständig original erhaltenen "Gesindezimmern", wohnen. Von 1951 bis 1953 war einer der Bewohner der Französische Polizist Emilie Burr. In dieser Zeit gingen sein Sohn René Burr und Fritz Albrecht (Jahrgang 42) jeden Donnerstag gemeinsam in das AMG. Aus dieser Besatzungszeit bis heute blieb die Freundschaft zwischen Burrs und Albrechts erhalten. Selbst die heutige Generation in diesem Haus traf sich erst vor zwei Wochen in Saint Lys bei Toulouse mit René Burr, seinen Kindern und Enkeln. Dies war eine der Geschichten um´s Haus, welche unter anderem auf Grund des diesjährigen 40sten Jubiläums der deutsch-französischen Städtepartnerschaft zwischen Hyères und Rottweil von Herrn Albrecht erzählt wurde.

In dem Haus, in welchem heute die Notdienstleistungsfirma Albrecht ihren Hauptsitz hat, war früher zudem bis 1972 eine Damenschneiderei untergebracht. Der Abschleppdienst Albrecht ist seit 1969 in dem Haus ansässig. Ansonsten wurde das Haus ausschliesslich privat genutzt.

An der Jugendstillvilla Albrecht konnte das Spannungsfeld zwischen Erhalt eines Denkmals und dem zeitgemässen Nutzen und Bewohnen sehr schön aufgezeigt werden. Neben vielen 100jährig unverändert erhaltenen Hausteilen wie dem Treppenhaus, einiger Fensterfronten, Türen, Tür- und Fensterrahmen/-verkleidungen, hohe Räume mit Hohlkehlen, der Erker mit den Bleiglasfenstern, Raumaufteilungen etc., wurden auch die Veränderungen und Erneuerungen aufgezeigt. Erneuert wurde nach Denkmalschutzauflagen erst letztes Jahr das komplette Dach, in welches erstmals eine vollständige Isolierung eingebracht wurde. Verändert wurde an der hinteren Veranda das Dach. Hier wurde zeitgemäss ein Balkon aufgesetzt. Dieses Leben live - die Albrecht-Kinder tobten gleichzeitig zusammen mit Besucherkindern durch´s Haus -, die Spannungsfelder von Erhalt und Veränderung sowie die 100 Jahre Geschichte seiner Bewohner und viele Originaldokumente vom Baukostenvoranschlag aus 1909 bis zur Rechnung eines Gussofens aus 1911 und vieles mehr, begeisterten die Besucher aus nah und fern.

Jugendstilvilla Albrecht mit Erker und der Fahne der "European Heritage Days" des Council of Europe und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Zeitgemässe bauliche Veränderung der Jugendstilvilla Albrecht durch Änderung eines Verandadaches zu einem Balkon