"Jeder Tag ist ein Abenteuer", sagt Bauleiter Thomas Hertkorn, der die Sanierung des Rottweiler Kapuziners koordiniert. Dennoch kommen die Arbeiten an der ehemaligen Klosteranlage gut voran: Anbauten jüngeren Datums wurden bereits weitgehend entfernt, um die denkmalgeschützten Bauteile wieder sichtbar zu machen. Jetzt geht es darum, die historische Bausubstanz zu sichern. So werden im ehemaligen Sonnensaal Stahlträger verbaut, die künftig für die nötige Stabilität sorgen werden. Derzeit ruht die historische Stuckdecke des Sonnensaals auf einem Wald von 50 Holzpfählen. Über- und unterhalb der maroden Decke ziehen Bauarbeiter Stahlträger ein. Die Konstruktion ist so angelegt, dass keine neuen Säulen im Sonnensaal aufgestellt werden müssen. Der Vorteil: Die alten Säulen können erhalten werden, auch wenn sie die Last der Decke nicht mehr tragen können. "Die Statik im Sonnensaal hat noch nie so richtig funktioniert", sagt Bauleiter Thomas Hertkorn. Bereits beim Bau des Saals Anfang des 20. Jahrhunderts seien große Fehler gemacht worden, als die damaligen Besitzer des Kapuziners eine Wand der alten Klosterkirche abrissen und die Halle so um das Doppelte verbreiterten, um einen großen Veranstaltungsraum für Theater, Filmvorführungen oder Bälle zu schaffen.

Solche und andere Umbauten haben dem Kapuziner seinen ursprünglichen Charakter als Kloster fast vollkommen genommen, um das Gebäude neuen Nutzungen anzupassen. Wie bei einer Zwiebel legen Hertkorn und seine Bauarbeiter nun den historischen Kern Schicht für Schicht wieder frei, um später die ganze architektonische Vielfalt des Gebäudes zeigen zu können. Teilweise wurden dafür auch spätere Anbauten abgebrochen, etwa ein Gebäudeteil an der Neutorstraße. "Dabei haben wir sogar Betonplatten und Stahlträger gefunden", macht Hertkorn deutlich, dass es sich dabei nicht um historisch schützenswerte Bausubstanz handelte. Hervor kamen unter anderem bunte Wandmalereien aus der Klosterzeit. Entdeckt haben die Bauarbeiter auch Sehschlitze, durch die kranke Klosterbrüder vom Konventbau aus den Gottesdienst in der Klosterkirche verfolgen konnten. Beides wird im neuen Kapuziner für die Besucher zu sehen sein.

Ferner wurden die historischen Dachziegel gesichert und unter Mitarbeit des Kapuziner-Fördervereins gereinigt. Das Dach wird wieder komplett mit historischen Ziegeln eingedeckt, betont Harald Betting von der städtischen Bauverwaltung. Damit das Material dafür ausreicht, hat die Stadt zusätzliche Ziegel aus der Reichsstadtzeit erworben, die bis zu 300 Jahre alt sind. Gesichert wurden auch die Fenster des Sonnensaals, die restauriert und wieder eingebaut werden sollen. Die alten Fenster werden von der Innenseite des Saals sichtbar sein, außen montieren die Arbeiter später moderne Fenster, um den Wärme- und Schallschutz zu gewährleisten.

Umfangreiche Fundamentarbeiten sind bereits weitgehend abgeschlossen. So verfügt der Sonnensaal wieder über einen ebenen Boden. Hertkorn: Wir mussten dabei Unebenheiten von bis zu 1,5 Meter Tiefe ausgleichen. Vorige Woche hat der Bauleiter nun den Dachstuhl des Kapuziners anheben lassen - um etwa 20 Zentimeter, die sich das Holz über die Jahrhunderte hinweg gesenkt hatte. Es war schon spannend, wie so ein Dach quasi anfängt zu schweben, berichtet er. Überhaupt, sagt Hertkorn, ist hier jeder Tag ein Abenteuer. Das Gebäude verlange Handwerkern wie Planern ein hohes Maß an Flexibilität und Improvisationskunst ab. So drohte schon eine Wand einzuknicken, die eigentlich einen Stahlträger für den Sonnensaal schultern sollte. Hertkorn musste kurzfristig eine neue Aufgabe für den Stahlbauer finden und ließ die Statiker nochmals anrücken.

Ist der Sonnensaal erst einmal gesichert, wird das zweite Stockwerk darüber abgebrochen, skizziert Hertkorn die weitere Vorgehensweise. Auch ein Teil des Dachs über der sogenannten Fidelis-Kapelle muss noch weichen. Darunter liegt teilweise noch der alte Dachstuhl aus der Klosterzeit, der bei einem Umbau einfach überbaut wurde, erklärt Hertkorn. Und Harald Betting fügt hinzu: Zum Glück so können wir den alten Dachstuhl und die Form des alten Kirchenschiffs künftig wieder zeigen. Im Frühjahr soll dann der verloren gegangene Kreuzgang wiederhergestellt werden aus Glas, um die Rekonstruktion deutlich zu machen.

Das ehemalige Kapuzinerkloster aus dem 17. Jahrhundert, das später als Gasthof, Festsaal oder Möbellager genutzt wurde, wird bis zum Jahr 2010 aufwendig saniert. Die Denkmalpflege hat das Kloster wegen seiner historischen Bedeutung als Denkmal höchster Kategorie eingestuft. Das Gebäude soll nach der Sanierung als Mehrgenerationenhaus dienen und für Kulturveranstaltungen aller Altersgruppen zur Verfügung stehen. Der Sonnensaal mit 350 Plätzen bleibt als Versammlungsstätte erhalten. In Teile des ehemaligen Konventbaus zieht das Kinder- und Jugendreferat der Stadt Rottweil. Auch eine private Kunstschule wird das Gebäude nutzen. Die Baukosten belaufen sich auf rund 7,2 Millionen Euro und werden durch Mittel der Landesstiftung, des Regierungspräsidiums Freiburg und aus dem Landessanierungsprogramm gedeckt. Die Stadt Rottweil selbst ist mit zwei Millionen Euro beteiligt, die Bürgerinitiative Kapuziner will 300 000 Euro beisteuern.

Der Kapuziner am 28. Dezember 2008
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