Neues Großgefängnis bei Neukirch/Zepfenhan?

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Die Stadt Rottweil will dem Land Baden-Württemberg zwei mögliche Standorte für den Bau des Großgefängnisses vorschlagen. Die beiden in Frage komenden Standorte liegen links und rechts der B27 zwischen Neukirch und Schömberg, direkt an der Kreisgrenze. Ein Standort auf Neukircher Gemarkung heißt "Mittelberg", der andere auf Zepfenhaner Gemarkung heißt "Bitzwäldle". Beide Areale sind etwa 15 Hektar groß, recht eben und verkehrstechnisch gut angeschlossen (B27). Das "Bitzwäldle", auf dem Wald wächst, gehört bereits dem Land Baden-Württemberg, Versorgungsleitungen liegen schon ganz in der Nähe. Das Gelände Mittelberg ist im Besitz mehrerer Privateigentümer. Von der Verwaltung der Stadt Rottweil wird das Bitzwäldle als Standort für das neue Gefängnis favorisiert. Laut OB Broß sind die vorgeschlagenen Standorte die letzte Chance für Rottweil, das Großgefängnis zu bekommen und dadurch etwa 250 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Nun muss der Gemeinderat dem Standort zustimmen.

"Es geht darum, den Justizstandort Rottweil mit mehreren 100 Arbeitsplätzen zu sichern und zu stärken", begründet Oberbürgermeister Ralf Broß den neuen Vorschlag der Verwaltung. Mit Blick auf die bestehende Justizvollzugsanstalt in Rottweil, das Land- und Amtsgericht sowie die Staatsanwaltschaft und den in diesem Umfeld angesiedelten Anwaltskanzleien stehe Rottweil in der Pflicht, selbst einen geeigneten Standort anzubieten. Immerhin schaffe die JVA mit 250 vom Land angekündigten Stellen neue Arbeitsplätze in der Stadt. "Wenn die JVA aus der Region abwandert, könnten im Gegenteil Arbeitsplätze verloren gehen", betont der OB. So sei in diesem Fall zumindest mittelfristig zu befürchten, dass Justizeinrichtungen aus Rottweil an den neuen Standort der JVA verlagert würden, etwa im Zuge einer Verwaltungsreform.

Die abschließende Entscheidung, ob die vorgeschlagenen Standorte für die neue Justizvollzugsanstalt geeignet sind, liegt beim Land Baden-Württemberg. Rottweil als Standortgemeinde ist jedoch über das Bebauungsplanverfahren ins Projekt miteingebunden. Über einen möglichen Bebauungsplan hat dann der Rottweiler Gemeinderat zu entscheiden. Sollte das Land Interesse an einem der beiden Standorte haben, ist außerdem eine Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger in der Stadthalle angedacht. Hierzu werde man dann ein breites Spektrum an Fachleuten aus den Bereichen Justiz, Strafvollzug und Sicherheit einladen, hat OB Broß in Aussicht gestellt.

"Wir werden aber auch die Sorgen und Ängste der Bevölkerung angesichts einer neuen Justizvollzugsanstalt sehr ernst nehmen und diese gegenüber dem Land offensiv ansprechen", versprach der OB. Broß kündigte an, den Rottweiler Gemeinderat und die Ortschaftsräte von Neukirch und Zepfenhan frühzeitig in den Entscheidungsprozess einzubinden: Beide Standorte werden deshalb in einer gemeinsamen Sondersitzung am Mittwoch, 3. Februar 2010, im Detail vorgestellt. Im Februar sind Anhörungen der Ortschaftsräte von Neukirch und Zepfenhan geplant. Voraussichtlich Anfang März entscheidet der Rottweiler Gemeinderat dann darüber, die Standorte dem Land offiziell vorzuschlagen.

Inzwischen formiert sich in Neukirch und Zepfenhan massiver Widerstand gegen den Gefängnisbau. In zahlreichen Leserbriefen an Rottweils Zeitungen sprechen sich die Bürger Neukirchs und Zepfenhans überwiegend gegen das Gefängnis auf ihrer Gemarkung aus. Bürger aus Neukirch, Zepfenhan und Vaihingerhof haben sich mit dem Ziel getroffen, eine Bürgerinitiative gegen den möglichen Neubau des Gefängnisses im Bitzwäldle oder am Mittelberg zu gründen. Am 2. Februar fand das Treffen zur Gründung der "Bürgerinitiative gegen Großgefängnis Neukirch / Zepfenhan" im Gasthof Ochsen in Zepfenhan statt. Hier ein Auszug der Argumente der Gruppe gegen den Neubau:

Ein Großgefängnis mit ca. 600 Insassen steht in keinem Verhältnis zur Einwohnerzahl in den beiden umgebenden Gemeinden mit je ca. 600 Einwohnern.

Das geplante Areal Mittelberg grenzt direkt an das Naturschutzgebiet Schwarzenbach und steht als landschaftszerstörendes Element auf weiter Sicht in freier Flur.

Das Bitzwäldle als Naherholungsgebiet für die Neukircher und Zepfenhaner ist mit Waldwegen und Ausflugsgaststätten in das Tourismusgebiet Oberes Schlichemtal eingebunden.

Wir sind nicht der Meinung, dass der Standort im Bitzwäldle landschaftsverträglich zu realisieren ist, da ein bisher ökologisch völlig intaktes Waldgebiet auf einer Fläche von ca. 15 ha gerodet und überbaut wird

Das Großgefängnis grenzt sehr wohl an bebautes Gebiet. Ein Abstand von nur ca. 500m zur Wohnbebauung der Ortschaften kann man nicht als Distanz bezeichnen. Eichhof und Sonthof grenzen sogar praktisch direkt daran.

Mit welchen Argumenten wurde der Standort Esch verhindert, wenn die gleichen Gegenargumente am neuen Standort genauso vorhanden sind?

Als Stadt- und Kreisgrenzbewohner fühlen wir uns missbraucht, da wir als Wähler nicht die Masse stellen und jenseits der Kreisgrenze keine Wählerstimmen verloren gehen.

Wir befürchten einen deutlichen Wertverlust unserer Immobilien.

Schon bisher leiden Neukirch und Zepfenhan unter der Verkehrsbelastung B27 und der Lärmbelästigung des Flugplatzes Zepfenhan. Diese Belastung wird durch den Großbetrieb JVA nochmals ansteigen.

Wir befürchten massive Sicherheitsrisiken, durch die hohe Zahl an Freigängern im Verhältnis zur Ortsgröße.

Die Realität zeigt leider, dass es auch in den modernsten Gefängnissen immer wieder zu Ausbrüchen kommt.

Die Sicherheit der Bevölkerung sehen wir gefährdet.

Unsere Kinder und Jugendlichen haben Angst alleine unterwegs zu sein.

Blick von der B27 (an der Abzweigung nach Zepfenhan) zum Bitzwäldle am 31. Januar 2010